Ort
München
Zeitraum
2023 – Wettbewerb (2.Platz)
Bauherr
Koblin & Seidl GmbH & Vermögensverwaltung KG
Größe
14.800 qm BGF
Team
Muck Petzet
Maximilian Kimmel, Ferdinand Knecht
Landschaftsarchitekten
Vogt Landschaftsarchitekten
Renderings
© Studio Salto
Das Seidl-Eck: ein markanter Baukörper, elegant und großzügig, gastfreundlich und kultiviert.
Städtebaulich folgen wir den Vorgaben des genehmigten Vorbescheids Variante 2. Auf die Außenfluchten des Kopfbaus setzen wir die Außenkante unserer umlaufenden Balkone. Wir schlagen auf dem Dach einen extensiv begrünten Retentionsdachaufbau mit hohem Bodenaufbau vor. Daher ergäbe sich eine minimale Überschreitung der Wandhöhen – wie sie mit Hinweis auf die Dachbegrünung – regelmäßig von der LBK genehmigt wird.
Alle Wohnungen erhalten großzügige Außenräume. Die Wohnungen selbst sind dagegen bewusst in der Wohnfläche reduziert und modular aufgebaut. Durch Zusammenschaltung oder Trennung ist es möglich unterschiedliche Wohnungsmischungen herzustellen. Unser Grundmodul ist ein Micro-Apartment von 29 m2 + Balkon. Wir empfehlen von dem in der Auslobung vorgegebenen ‚Standard‘- Wohnungsschlüssel abzuweichen – und mehr Kleinwohnungen anzubieten, die auf Grund Ihrer Größe bezahlbar sind und eine demografisch relevante Klientel bedienen. In den Grundrissen weisen wir nach, dass mit der vorgeschlagenen Struktur sowohl die ausgelobte Größenmischung – als auch die von uns empfohlene Vergrößerung des Kleinstwohnungsanteils möglich ist.
Wir schlagen eine hybride Typologie vor, die neben den Wohnungen auch gemeinschaftlich nutzbare Angebote und Treffpunkte für die Hausgemeinschaft beinhaltet. Wohnen wird kombinierbar mit Arbeiten (im Coworking Space ) oder mit Wellness (im Fitness Bereich und der Dachsauna) – oder mit Gastronomie (im ‚Seidl‘). Das Cafe wird abends zur Bar – am Wochenende zum Repaircafé und dient ganz nebenbei auch als Waschsalon. Das ‚Seidl‘ ist auch zentraler Treffpunkt und Anlaufstelle für Informationen und die Lieferung und Abholung von Paketen. Alle Nutzungen sind so konzipiert, dass sie direkt von ‚Innen‘ von der Hausgemeinschaft – und unabhängig von ‚außen‘ – von der Nachbarschaft genutzt werden können. Mit einer Seidl-Eck-App kann ein solches Sharing System bedient und Buchungen gemanagt werden. In dieses System können auch die Stellplätze in der TG und ein gemeinsam nutzbares Mobilitätsangebot mit Rollern, Fahrrädern und Lastenfahrrädern einbezogen werden.Die Zeilenbebauung entlang der Hermine-von-Parish-Straße ist als Reihenhaustypologie – ohne zusätzliche Treppenhäuser – ausgebildet. Die EGs können von der Straße aus unabhängig als Einzelhandel betrieben – oder auch den Reihenhäusern jeweils als ‚Arbeitsräume‘ zugeschaltet werden. Damit wird hier eine robuste und nutzungsflexible Struktur angeboten, die in der 2-achsigen Ausführung auch größeren Familien oder Patchwork-Gemeinschaften Platz bietet.
Die Außenräume ergänzen das räumliche Angebot der Häuser: Der Hof ist als ‚Gemeinschafts‘-Garten ausgebildet: geschwungene Stampbetonwände dienen als Sitzbänke und bilden Pflanzbeete mit hohen Substrathügeln und dichter Bepflanzung. Der Vorplatz vor dem Gebäude ist als robuste Kies-Platzfläche mit zwei großen runden Pflanzbeeten ausgebildet. Die wertvollen Bestands-Bäume, die den Baumaßnahmen weichen müssen – sollen vor Beginn der Baumaßnahmen in diese geschützten Bereiche umgesetzt werden.
Die Dachfläche auf den Reihenhäusern soll zum Urban- Gardening (auch für das ‚Seidl‘) und als Außensport- und Wellnessfläche genutzt werden. Die Balkone der Wohnungen sollen als simple und robuste Holzkonstruktionen ebenfalls zur Bepflanzung und Nutzung als private ‚Gärten‘ anregen.
Der Baukörper ist als Holz-Hybridkonstruktion geplant. Es sollen die Prinzipien des ‚einfach Bauen‘ angewendet werden: monolithische, trennbare und unschädlich recycelbare Bauteile, Systemtrennung von Rohbau und TGA (revisionierbare, nachinstallierbare und austauschbare Verlegesysteme), Reduktion des Gesamt CO2-Footprints – (Materialreduktion. Low-Impact-Materialien). Das Gebäude soll möglichst langlebig sein: adaptierbare Grundrisse, robuste Rohbaustruktur, Low Tech-Gebäudetechnik. Der eingesetzte STB soll möglichst vor Ort und mit vor Ort gewonnenen Zuschlägen hergestellt werden. STB- kommt nur wo notwendig zum Einsatz (Tiefgeschoße, Treppen- und Aufzugs- Kerne, aussteifende Wände, Zementestriche). Tragende Innenwände (Schotten) in massivem lehmgefüllten- Mauerwerk, darauf aufliegende Tragbalken in BSH – können ohne Wärmebrücken nach außen geführt werden und ermöglichen im Inneren die Ausbildung von frei positionierbaren Öffnungen in den Schotten. Die Balkone sind als simple, witterungsoffene Balken-Bohlenkonstruktion mit Stahl-Hängestützen und Stahlgeländern mit Draht- Maschenfüllung konstruiert. Die Deckenaufbauten Innen als Brettstapeldecken mit schwimmenden Aufbauten (Zementestrich mit FB-Heizung). Damit ist das Gebäude auf regenerative Niedertemperatur-Temperierung ausgelegt. Ein Anschluss an die Fernwärme ist damit sinnvoll. Diese soll zunehmend regenerativ mit Niedertemperatur Niveau erzeugt werden. Auf dem Dach des Kopfbaus sehen wir die Aufstellung von ‚Tubesolar‘ PV-Modulen vor, die mit einem Gründachaufbau kombinierbar sind. Der angestrebte EH 55 Standard ist mit Low-Tech-Maßnahmen umsetzbar. Die Fensterflächen sind reduziert, die Balkone bilden einen umlaufenden baulichen Sonnenschutz. Die Fassade soll als monolithische Dämmziegelkonstruktion mit keramischer (grünglasierter) Außenschale ausgeführt werden. Die bodentiefen Fenster können – dank ihres geschützten Einbauorts - als Holzfenster ausgebildet werden. Die Ziele der ökologischen, ökonomischen und baulichen Optimierung stehen immer wieder im Widerspruch. Insofern sollte die vorgeschlagene Konstruktion systemoffen ausgeschrieben werden.