Serielle Modernisierung von Serienbauten
Ort
Studentenwohnanlage Studentenstadt Freimann, Haugruppe 6, Willi-Graf-Str. 3, 5, 7, 80805 München
Zeitraum
2015 Machtbarkeitsstudie
2016-2019 Planung und Realisierung
Bauherr
Studentenwerk München
Größe
2.295 qm BGF
Team
Muck Petzet
Maximilian Kimmel
Anna Steinkamp
Bauleitung / LPH 6-8
Johannes Geiling GmbH
Johannes Geiling, Michael Dietl, Jens Mühlmann
Tragswerkplanner
IB Hoch Beierlein
TGA/HLS
Konrad Huber Ingenieurbüro für Technische Gebäudeausrüstung
TGA/E
VE plan GmbH
Brandschutz
K33 Brandschutz - Redner Wagner + Partner Architekten PartGmbB
Landschaftsarchitekt
Veronika Richter Landschaftsarchitekten
Die Atriumhäuser in der Studentenstadt München wurden Ende der 60er Jahre vom Architekten Ernst Maria Lang entworfen und realisiert. Die zu Gruppen zusammengefassten, 2-geschossigen Häuser sind gute Beispiele einer von Typisierung und Serialität begeisterten und den Nutzerinteressen sich unterordnenden, bescheidenen Architektur der Spätmoderne. Sie wurden innerhalb des größeren Zusammenhangs der Studentenstadt realisiert – und sind stark in die umgebende Natur integriert. Die Häuser waren noch im unrenovierten ‚Originalzustand‘ und sollten zu einem Budget deutlich unter den Kosten für einen Neubau von Studentenwohnheimsplätzen generalsaniert und zukunftsfähig gemacht werden.
Zunächst sollten 3 der insgesamt 16 Häuser beispielhaft modernisiert werden, um Standards und Grundrisslösungen zu testen und das beste Vorgehen für die weiteren Bauten zu ermitteln.
Zusätzlich zur Modernisierung sollten auch Erweiterungsmöglichkeiten untersucht werden: Dabei ergab die Potentialanalyse des gesamten städtebaulichen Zusammenhangs, dass an anderer Stelle in der Studentenstadt noch ganz erhebliche Verdichtungspotenziale vorhanden sind und insofern eine Nachverdichtung der Atriumhäuser – an der sensiblen Stelle der Verbindung zum Englischen Garten unklug wäre. Auch eine Kostenbetrachtung sprach gegen eine Aufstockung oder einen seitlichen Anbau und eher für einen ‚innere Verdichtung‘ durch die Einbeziehung der Atrien und Schaffung zusätzlicher Wohnplätze in bisherigen Nebenzonen. Im Sinne einer Suche nach dem geringstmöglichen Eingriff wurden die Entscheidungen zu Gunsten der Schaffung möglichst zukunftsfähiger Standards zu möglichst geringen Kosten getroffen.
Das namensgebende Atrium, ein Lichthof wurde hauptsächlich zur Lagerung von alten Fahrrädern und Einkaufswägen genutzt, die Küchen und Gemeinschaftsbereiche waren minimiert, es lag also nahe die ungenutzten Atrien als neue zentrale Gemeinschaftsräume umzunutzen. Die Gebäude wiesen zentrale Sanitäreinrichtungen für die etwa 20 Bewohner auf. Gemäß Vorgabe des Studentenwerks sollten in den Zimmern jeweils eigene Sanitärbereiche angeboten werden, um einen vergleichbaren Standard mit Neubauten zu erzielen. Aus der Vorgabe der neuen Sanitärstandards und der notwendigen Erneuerung sämtlicher haustechnischer Anlagen ergab sich eine relativ hohe Eingriffstiefe, da auch die Grundleitungen und Heizungszuleitungen in den Großteils nicht unterkellerten Bereichen erneuert werden mussten. Auch an den Fassaden entschied sich der Bauherr für eine komplette energetische und technische Erneuerung der Hülle. Viele kleine Vereinfachungen – und die Entscheidung möglichst nah am vorhandenen Grundriss zu arbeiten machten es dennoch möglich, die Preis-Zielvorgabe von etwa 70% eines vergleichbaren Neubaus zu erreichen:
So konnten wir durch abschneiden von ehemaligen Flucht-Balkonen und herauslaufenden Bodenplatten die Wärmebrücken stark reduzieren. Gleichzeitig konnte durch die Einbeziehung des Atriums in die neue Gebäudehülle die Kompaktheit erheblich erhöht werden. Die alten Treppen und viele der Zimmertüren konnten erhalten werden. Dennoch wurde nicht nur ein technisch einem Neubau fast vergleichbarer Stand erzielt – sondern durch die Umnutzung der Atrien als Gemeinschaftsräume ein neuer Wohntypus geschaffen: Die neuen Atriumhäuser sind um diese großzügigen, gemeinschaftlich genutzten, nun 3-geschossigen Räume herum konzipiert. In den ehemaligen Sanitärbereichen und Küchen sind nun zusätzliche Wohneinheiten untergebracht. So konnte – ohne Wachstum nach außen – eine Vergrößerung der Apartmentzahl um 15% erreicht werden. Im teilunterkellerten Bereich von Haus A wurden zusätzliche Gemeinschaftseinrichtungen – eine Waschküche – und ein Partykeller geschaffen. Aber die Partys finden wohl eher oben in den Atrien statt.
Die neuen – hinterlüfteten – Fassaden aus Welleternit bilden in Ihrem Wechsel der Verlegerichtung die ‚statischen‘ Prinzipien der Originalfassaden ab – ohne sie einfach zu kopieren. Da die Fenster erneuert werden mussten wurde die Gelegenheit genutzt, die Fenster etwas zu vergrößern – so dass die neuen Schreibtische und die Fensterbänke ineinander übergehen. Die Häuser bilden noch stärker als vorher das Bindeglied der Studentenstadt zur Parklandschaft des Englischen Gartens. Die Häuser sind die gleichen geblieben – und sind doch bereit für einen neuen Lebensabschnitt der sich entwickelnden Studentenstadt.
Preise
2020 Preis für Stadtbildpflege, lobende Erwähnung